Donnerstag, 9. August 2018

Meinem Muddele, die heut 91 wäre...

Mir gefiel immer die warme Röte in deinem Gesicht,
wenn wir alle um euch waren.
Du warst aufgeregt, als müsstest du den Rand der Welt berühr'n.
Du freutest dich, mit uns zu sein.
Dein innerlicher Jubel stand dir gut
in deinem Geburtstagsgesicht.

Ich denke jeden Tag an dich.
Dein Bild von dir wandelt sich dauernd,
sind wir doch eine lange Strecke deines Weges
gemeinsam gegangen.
Für mich bist du noch immer am Leben
und niemand schafft es zwischen dich und mich.

Dann gabst du mir deinen Platz....


Sonntag, 5. August 2018

Vom Schreiben - Eva Strittmatter

Vom Schreiben

Natürlich könnte ich
auch komplizierter schreiben
Und könnte Dichtung als
Geheimmagie betreiben.
Ich könnte Chiffren erfinden,
Die nur fünf Leute verstehn,
Und die andern wären die Blinden,
Wir sechs allein könnten sehn.
Ich will aber einfach bleiben
Und nah am alltäglichen Wort
Und will so deutlich schreiben,
Dass die Leute an meinem Ort
Meine Gedichte lesen
und meine Gedanken verstehn
Und sagen: so ist es gewesen,
Und das haben auch wir schon gesehn.

Eva Strittmatter


Liebe Eva, Ihre Gedichte habe ich fast alle im Kopf.
Vor allem sehe ich Ihre geschriebenen Worte
als gedankliche Bilder
in meiner ausgeprägten Fantasie.
Sie verblassen in mir nie.
Ich sah beim Lesen Ihren *Gipfelberg*
(als Beispiel, den ich hier benenne).
Dabei kenne ich alles,
was Sie uns in Ihren Gedichten sehen lassen.
DAS nenn ich Glück.
DAS nenn ich das nahe, alltägliche Wort
so deutlich erfassen.

Edith Hornauer

Eva Strittmatter - Vielleicht

Vielleicht 

Vielleicht erinnert sich wer meiner.
Einer, der geht durch Leningrad.
Oder ein andrer in Kaluga.
Und wer in einer deutschen Stadt.
In dieser Stunde scheint mir sicher:
Wir sind Gefäß für fremden Wein.
In mir sind alle, die mich trafen.
So möchte ich in allen sein.

Eva Strittmatter



Nicht nur vielleicht, ganz sicher gar,
sind Sie in allen, die Sie trafen.
Ich weiß es noch. Sie waren
in Ihrer Bescheidenheit präsent.
An jedem Gedicht hing ich, von Ihnen,
an jedem Wort.
Dies zog sich hin von Ort zu Ort -
Sie gefüllt von uns und wir von Ihnen.

Edith Hornauer


Samstag, 4. August 2018

Gedanklicher Austausch mit Eva Strittmatter

Lob

Ich habe ein Geheimnis entdeckt:
Wir loben einander zu selten.
Kinder wachsen nicht ohne Lob.
Wir lassen einander nur gelten
Mit jener schweigenden Toleranz,
Die die Fremdheit zwischen uns steigert.
Und jeder wartet auf  das Wort.
Das einer dem andern verweigert.

Eva Strittmatter


Ihre Gedichte, werte Eva,
lobe ich über alle Maßen.
Schon zu Ihren Lebzeiten konnte ich es nicht lassen.
In Ihren Gedanken spürte und spüre ich unsere Ähnlichkeit.
Schade, dass Sie nicht mehr leben
drum werde ich Sie weiterhin loben - alle Zeit.
Ein Lob wird auch im Tode nicht zu viel.
Wertschätzung besitzt ein gutes Gefühl.

Edith Hornauer

Ein gedachtes Gespräch mit Ihnen, liebe Frau Eva Strittmatter

Lerche

Die unermüdliche Amsel.
Ihre Schwester, die Drossel süß.
Der heimliche Vogel Pirol
(Der früher von Bülow hieß).
Die drei und die vielen andern:
Der klagende Wendehals
Und die gesegneten Schwalben,
Die Vögel des freien Falls...
Die steigenden Vögel, die Lerchen.
Sie spinnen ihr zweitönig Lied.
Das sie, ein silberner Faden,
Aufwinds und wolkenwärts zieht.
Unterm Liede der schwindenden Lerche,
Im Mai hab ich einmal gedacht:
Vielleicht ist diese ganze Erde
Um der Lerche Willen gemacht.

Eva Strittmatter


Liebe Eva, ganz sicher war Ihr Gedanke in einem Mai gut gemeint.
Doch die Lerchen sind vereint unumwunden verschwunden.
Hier hat ein Bodenbrüter keine Chancen mehr.
Die Mähmaschinen fangen mit der ersten Mahd schon in der Brutzeit an.
Die Wiesen bleiben brach und leer.
Und auch das Korn wird dichter nun gesät,
kein Vogel kann da durch nach oben fliegen.
So wird Gewinn voran getrieben,
Verantwortung ungerührt niedergemäht.

Von dem Gift, welches gesprüht, will ich nicht auch noch schreiben.
Doch unsere Gedichte - V E R S P R O C H E N -
die werden bleiben.

Edith Hornauer

Kleiner Tagebucheintrag

Heute laufe ich wieder Umwege, doch auch dort
gibt es keinen Anlass, mit der Sonne einverstanden zu sein.

Daheim plündern derweil die Vögel ihr bestücktes Haus,
sie picken bereits noch gar nicht abgeblühte Sonnenblumen leer.

Von allen geht nur noch eine Sehnsucht aus - Sehnsucht nach Regen.

Niemand will mehr.

Mir reicht nun ein Ausschnitt des Fensters gar,
der sich heute groß und weit gibt.
Mein Grauer, eine Ewigkeit sichtbar durch dieses Viereck blieb.
Ich pfiff ihn heute nicht an, wollte ihn in seinem Futter-Such-Flug
nicht stören, denn schon hundert Mal geprobt, hätte er mich
in der Zurückkehrschleife ziemlich tief begrüßt.
Er hat mir bisher buchstäblich den Sommer versüßt.

Die gelben Pflaumen fallen, die Leiter, umsonst ragt sie
in das leere Himmelsblau.

Die Gedichte, die ich hier verdichte, treffen nicht nur mich.

Es tippe doch du und auch du auf ein Datum der letzten Zeit,
die Hitze machte und macht sich überall breit...

Freitag, 3. August 2018

Verbrannter Sommer

Wir wussten immer,
aus welcher Richtung der Wind kam.
An bestimmten Geräuschen
machten wir dies fest.
Keine Fähre legt mehr an,
kein Kahn hupt in der Kurve,
keine Kuh muht ihre Zufriedenheit
von saftiger Wiese.

In allem spüren wir die Krise,
spüren die Kälte der Zeit,
die sich uns so ungezähmt heiß aufzwingt.

Die Methoden des Schauspieles der Natur
haben sich verschoben,
sie gerieten gar aus der Bahn
und laufen völlig aus dem Ruder.

Die Vielfalt des Sommers,
die wir stets in den Blick nehmen konnten,
ist verbrannt.

Dürre-Zeit

Schon vormittags sind wir im Sonnenlicht gefangen,
bleiben im Haus und alles geht langsam vonstatten.
Die Atemzüge verkürzen sich.
Mehr lässt die Hitze nicht zu.

Gerade wird jedes Gedicht zur Fortsetzung,
keine Zeile verbirgt diese dürre Zeit.
Ob ich vorn oder ganz hinten zu lesen beginne,
die Augen fangen Gleiches ein.

Die Hitze setzt zu.
Der Körper streikt.

Endlosschleife - Hitze

Endlose lange, heiße Tage und Nächte.
Flora und Fauna regelrecht im Untergang,
zumindest gefühlt am Rand der Vernichtung.
Eine schlimme Dichtung,
aber so schaut es für mich aus.
Hitze-Graus.
Mir ist, als wäre ich zur Herstellung
dieser aufkommenden Leere bestimmt.
Egal wie man es nimmt -
es fordert heraus!

Donnerstag, 2. August 2018

Trockenheit

Ein Traktor zieht die Scheibenegge durch das Feld.
Erde wandert dabei ab zu Hauf.
Schon von Weitem ziehen riesige Staubwolken auf.

Der Bauer, er fühlt sich gerade nicht als Held.
Ihm sind die Bitterkeiten und Sorgen ins Gesicht geschrieben.

Von der erhofften Ernte ist nichts geblieben.

Im Staub flieht selbst die Illusion....

Verschoben

Was könnte, vor dem baldigen Feierabend,
der Tag uns noch schenken?
Zeit für Versäumtes ist jetzt schon zu kurz.
Es wird bleiben, sich verschieben über die Nacht hinaus.

Also folge ich der Ruhe in den Schlaf so tief,
die mich schon zeitig, deutlich rief....

Tropisch

Die Häuser schlafen schon bei Tag
von starker Hitze eingehüllt.
Der Wind kommt heiß daher,
die Elbe, längst kein reißender Strom mehr,
ein Rinnsal bestenfalls.
Nur gut, die Zichorie blüht -
als Stimmungsaufheller -
an Wegen und Rainen.
Für manchen ist's echt zum Weinen...


Mittwoch, 1. August 2018

Eigenes

Wo sind die Stunden,
die gänzlich mir gehörten, 
wo nur sind sie geblieben,
wurden sie
zwischen Minuten zerrieben?

Ach, so kostbar doch solche
Augenblicke sind,
in denen eigenes Leben ist,
welches dir unmissverständlich sagt:
du bist!

Gleiten

Meine Gedanken gleiten dahin
als namenloses Schiff auf Wellen.
Ich weiß nicht wohin.

Sie gleiten ins Wunschdenken,
fernab aller Wirklichkeit.
Ich lasse geschehen,
was ich erahne, 
sehnlichst erhoffe
und was mich treibt.



Montag, 30. Juli 2018

Fragend

In den Melodien allen Lebens
schwingen sich wehmütige Gedanken auf.
Im Weltenlauf scheint irgend etwas verkehrt zu sein.
Da macht sich Sehnsucht nach Vergangenem breit
(was davon geglückt),
weil die Zukunft nur fragende Bilder schickt.

Was wird später nicht oder doch gelingen,
bringen wir Menschen wieder alles zum Klingen,
werden glückliche Augenblicke für alle wieder zur Wirklichkeit,
nimmt man sich für Menschen und Natur noch die nötige Zeit,
will man überhaupt alles zum Guten wenden
oder weiterhin blenden?

Die Fragen nehmen gerade mehr und mehr zu.
Trügerisch bleibt manche Ruh'.
Mir kommt es so vor, als wisse man bewusst
 nicht mehr ein noch aus.
Helfen wir mit aus dieser Misere heraus!

Meine Lebenslust

Ich glaube, bete, fühle,
denke, bitte, danke, sinniere,
durchforsche und wühle,
weine, tanze, lache, singe
und gewinne...

Samstag, 28. Juli 2018

Danke, Gott, für die Fülle


Die Zeit ist reif. Trotz dieser großen Hitze
drängen die Früchte , sie hängen prall
kurz vor dem Fall.
Schmetterlinge tanzen ihren Reigen
zeigen im Sitzen und Steigen ihre Farbenpracht
Gemäht wird bis tief in die Nacht,
getrennt das Korn von der Spreu.
Neu zeigt sich die Natur,
der Sommer hat viele Seiten.
Weiden beugen sich 
undurchdringlich tief hinab.
Schatten spenden sie
und tiefste Ruhe 

von allem so weit ab...





Flügel


Nur insgeheim geprägt vom Wunsch:
Ach, hätte ich doch Flügel - weiß ich
um meinen Platz im sonnigen Winkel.
Bodenständig durchströmt mich ein Hochgefühl.
Und noch immer wachse ich an mir..
 


ganz ohne Zügel.

Freitag, 27. Juli 2018

... meinem Paps

Heiße Tage und Nächte im Juli
und über meinem Elternhaus
wussten wir den Tod.
Nach 97 Jahren ging mein Paps....
Nichts ließ sich in uns bewegen,
kein Wort kam aus uns heraus.
Nichts hatte mehr Gewicht.
Tränen laufen, genau wie damals,
auch heute übers Gesicht....

Wir brauchen nicht zu sagen, dass
wir heute besonders an dich denken -
es vergeht kein einziger Tag.....


Donnerstag, 26. Juli 2018

Hitze

Und immer noch sind diese Tage sonnendurchsiebt.
Wir üben uns in Langsamkeit, gehen Schritt für Schritt
in jeden von ihnen hinein.
Regen gibt's nicht zu kaufen, nicht zu borgen,
nicht zu stehlen, nicht zu schenken.

Uns lenken halt nur die Momente
der kommenden Stunden.
Also leben wir sie 
und gönnen dem Sommer seine heiße, trockene Zeit.
Nehmen wir's an.
Uns sollte nichts reuen.
Wir wissen, 
es könnte schlimmer sein...