Dienstag, 14. August 2018

Neugier

Manchmal möchte ich schon wissen,
was meine Mädels so über mich reden -
Unsere Mama ist wie sie ist,
ob sie hat, was sie will,
lebt sie wie sie sollte
mehr als sie wollte?
Für Beide bin ich und ich fließe in ihnen
und ich liebe sie und bin für sie da,
ich bin halt und bleibe - ihre Mama.

...und wieder ohne dich

Es ist nachmittags, 15 Uhr.
Längst wusste ich, dass du nicht kommst.
Mein Blick streift meinen Baum, den Himmel -
so sieht wohl Ewigkeit aus.

Der Duft des Baumes fehlt.
Er duftet sonst noch,
wenn längst die Blüten
vom Wind verweht.
Er kränkelt.

Dabei fehlt ihm nur Regen
wie uns und allem anderen auch.

Mein Baum steht im verdorrten Gras,
schaut  traurig täglich neu auf mich.

Noch immer warten wir auf dich -
Regen....

Montag, 13. August 2018

Geschenke für die Woche

Heute, zum Wochenbeginn, 
möchte ich dir das schenken,
was leicht an mir ist -
liebevolle Gedanken,
Worte ohne Schranken,
zügellose Fantasie,
dieses Lächeln gleich früh,
gleichmäßigen Herzschlag,
(diesen jeden Tag!)
dieses Schweben im Raum,
einen wundervollen Traum,
manchmal diese Weinseligkeit,
aus meinen Augen die Freud'
und Glück, wenn sich meine Hand
in deine schiebt,
du spüren kannst, du wirst geliebt.
Dann weißt du genau:
Leichtigkeit fängt immer ein klein wenig
über dem Boden an...

Sonntag, 12. August 2018

Am Vorabend des 13. August

Bin aufgewühlt am Vorabend des 13. August,
habe das Gesicht dieses Tages vor 57 Jahren
vor Augen.
Ich war sechs, begriffen hatte ich
diese Ungeheuerlichkeit dieses Tages nicht wirklich.
Wir hatten abends oft Besuch, es wurde
getuschelt, geflüstert. Es roch nach Angst.

In der Nacht vor dem 13. waren zwei Lehrerinnen
bei uns und meine Eltern holten deren neuen
Kühlschrank. Dann tränenreicher Abschied.
Schweigen war angesagt. Schweigen war Gesetz.
Ich ging zur Schule,  als wäre nichts.
Gefühle bewegten mich.
Dann die Nachricht: Wir waren eingemauert
von einer 3,60 m hohen Mauer!
Getrennt, durchgeschnitten vom anderen Teil Deutschlands.

Hier breche ich ab. Dieses Geschehen mache ich
noch immer mit mir selbst aus.
Ich kann nicht begreifen, was uns da
an Unmenschlichem angetan wurde.
Ungeheuerlich.


Samstag, 11. August 2018

Gehen

Gehen ist meine  Leidenschaft.
Im Gehen reise ich in meinem Kopf
und entkomme so manchmal dem Leben.
Die Luft schmeckt anders mit jedem Meter,
die Augen stehen im Augenblick.
Sämtliche Vogelstimmen sind bekannt
und ich belle zurück, bellt der Fuchs.
Meine Heimat ist mir Maß meines Daseins,
die Natur ist mein Besitz.

Im Gehen muss ich nicht bei mir selbst bleiben.
Geneigt wie unser Strom zu sein,
schlage ich dann über mir zusammen.

Mancher Weg misst meine Kräfte,
lächelnd schnaufe ich ihn an.

Nehmt's mir nicht übel, am liebsten gehe ich allein.
Ich will einfach weiter, als jedes Gespräch reicht.

Gehen. Irgendwann muss ich gehen.
Gehen für immer.
Ganz sicher werden die Schritte  dann leichter sein....

Welch schlechtes Theaterstück

Lautlos der heutige Morgen.
Vollkommen stumm.
Unantastbar scheint das Himmelsblau
und unten rum nur alles grau.
So grau.
Noch nie sah ich solchen Sommer.
Es tut weh.
Die Augen brennen beim Anblick
hundertjähriger Bäume.
Sie geben auf.
Geben sich auf.
Verdorren. Vertrocknen. Verbrennen.
Welch schlechtes Theaterstück!
Die einzelnen Szenen schon viel zu lang
und sparsam sind Farben und Töne.
Sie töten jegliches Gefühl,
weil nichts mehr will.

Gestern, heute..

Täglich möchte ich mir  ein Ziel setzen -
ein unbekanntes, ein bewegtes.
Gestrige Wünsche
sind doch heute längst tabu.
Es gibt ganz andere. Neue.

Ach, was träume ich hier
auf meiner windstillen Seite
des Lebens.
Ich bleibe doch gern ohne Wahl
mit geduldigem Herzen...

Freitag, 10. August 2018

Bücherwände

Ich wünsche mir oft, so berührt zu sein
wie gerade eben, mit dem Blick 
auf die eigenen Bücherwände.
Mein Handrücken streichelt 
an den Buchrücken entlang mit dem Wunsch,
die AutorInnen könnten es spüren.

Und ich stehe einer langen Zeit
meines gelebten Lebens gegenüber,
in das ich eingedrungen bin,
oft und oft gar in den Seiten verschwunden,
mit dem Gefühl, das Gelesene 
mit eigener Kraft zu bewegen.

Zuhause bin ich in allen Inhalten nie geblieben,
doch angesiedelt habe ich mich immer.
Ja. Angesiedelt, um zu versinken.

Sollte ich irgendwann diesen Ort 
verlassen müssen, wird es um mich
geschehen sein.

Wenn du kommst

Wenn du kommst,  kann es sein,
dass du noch die Trichterwinde blühen siehst.
Und aufgeregte Zwitschertöne wirst du hören
von den Spatzen, aus ihrem Futterhaus.

Ansonsten ist alles grau und grau und grau.
Der heiße Sommer zeigt sich 
als  vertrocknetes Herbstgesträuch.

Einzig der Himmel vertieft sich im Blau.

Die Natur resigniert. Der Mensch auch.

Du triffst hier Schweigen.




Donnerstag, 9. August 2018

Meinem Muddele, die heut 91 wäre...

Mir gefiel immer die warme Röte in deinem Gesicht,
wenn wir alle um euch waren.
Du warst aufgeregt, als müsstest du den Rand der Welt berühr'n.
Du freutest dich, mit uns zu sein.
Dein innerlicher Jubel stand dir gut
in deinem Geburtstagsgesicht.

Ich denke jeden Tag an dich.
Dein Bild von dir wandelt sich dauernd,
sind wir doch eine lange Strecke deines Weges
gemeinsam gegangen.
Für mich bist du noch immer am Leben
und niemand schafft es zwischen dich und mich.

Dann gabst du mir deinen Platz....


Sonntag, 5. August 2018

Vom Schreiben - Eva Strittmatter

Vom Schreiben

Natürlich könnte ich
auch komplizierter schreiben
Und könnte Dichtung als
Geheimmagie betreiben.
Ich könnte Chiffren erfinden,
Die nur fünf Leute verstehn,
Und die andern wären die Blinden,
Wir sechs allein könnten sehn.
Ich will aber einfach bleiben
Und nah am alltäglichen Wort
Und will so deutlich schreiben,
Dass die Leute an meinem Ort
Meine Gedichte lesen
und meine Gedanken verstehn
Und sagen: so ist es gewesen,
Und das haben auch wir schon gesehn.

Eva Strittmatter


Liebe Eva, Ihre Gedichte habe ich fast alle im Kopf.
Vor allem sehe ich Ihre geschriebenen Worte
als gedankliche Bilder
in meiner ausgeprägten Fantasie.
Sie verblassen in mir nie.
Ich sah beim Lesen Ihren *Gipfelberg*
(als Beispiel, den ich hier benenne).
Dabei kenne ich alles,
was Sie uns in Ihren Gedichten sehen lassen.
DAS nenn ich Glück.
DAS nenn ich das nahe, alltägliche Wort
so deutlich erfassen.

Edith Hornauer

Eva Strittmatter - Vielleicht

Vielleicht 

Vielleicht erinnert sich wer meiner.
Einer, der geht durch Leningrad.
Oder ein andrer in Kaluga.
Und wer in einer deutschen Stadt.
In dieser Stunde scheint mir sicher:
Wir sind Gefäß für fremden Wein.
In mir sind alle, die mich trafen.
So möchte ich in allen sein.

Eva Strittmatter



Nicht nur vielleicht, ganz sicher gar,
sind Sie in allen, die Sie trafen.
Ich weiß es noch. Sie waren
in Ihrer Bescheidenheit präsent.
An jedem Gedicht hing ich, von Ihnen,
an jedem Wort.
Dies zog sich hin von Ort zu Ort -
Sie gefüllt von uns und wir von Ihnen.

Edith Hornauer


Samstag, 4. August 2018

Gedanklicher Austausch mit Eva Strittmatter

Lob

Ich habe ein Geheimnis entdeckt:
Wir loben einander zu selten.
Kinder wachsen nicht ohne Lob.
Wir lassen einander nur gelten
Mit jener schweigenden Toleranz,
Die die Fremdheit zwischen uns steigert.
Und jeder wartet auf  das Wort.
Das einer dem andern verweigert.

Eva Strittmatter


Ihre Gedichte, werte Eva,
lobe ich über alle Maßen.
Schon zu Ihren Lebzeiten konnte ich es nicht lassen.
In Ihren Gedanken spürte und spüre ich unsere Ähnlichkeit.
Schade, dass Sie nicht mehr leben
drum werde ich Sie weiterhin loben - alle Zeit.
Ein Lob wird auch im Tode nicht zu viel.
Wertschätzung besitzt ein gutes Gefühl.

Edith Hornauer

Ein gedachtes Gespräch mit Ihnen, liebe Frau Eva Strittmatter

Lerche

Die unermüdliche Amsel.
Ihre Schwester, die Drossel süß.
Der heimliche Vogel Pirol
(Der früher von Bülow hieß).
Die drei und die vielen andern:
Der klagende Wendehals
Und die gesegneten Schwalben,
Die Vögel des freien Falls...
Die steigenden Vögel, die Lerchen.
Sie spinnen ihr zweitönig Lied.
Das sie, ein silberner Faden,
Aufwinds und wolkenwärts zieht.
Unterm Liede der schwindenden Lerche,
Im Mai hab ich einmal gedacht:
Vielleicht ist diese ganze Erde
Um der Lerche Willen gemacht.

Eva Strittmatter


Liebe Eva, ganz sicher war Ihr Gedanke in einem Mai gut gemeint.
Doch die Lerchen sind vereint unumwunden verschwunden.
Hier hat ein Bodenbrüter keine Chancen mehr.
Die Mähmaschinen fangen mit der ersten Mahd schon in der Brutzeit an.
Die Wiesen bleiben brach und leer.
Und auch das Korn wird dichter nun gesät,
kein Vogel kann da durch nach oben fliegen.
So wird Gewinn voran getrieben,
Verantwortung ungerührt niedergemäht.

Von dem Gift, welches gesprüht, will ich nicht auch noch schreiben.
Doch unsere Gedichte - V E R S P R O C H E N -
die werden bleiben.

Edith Hornauer

Kleiner Tagebucheintrag

Heute laufe ich wieder Umwege, doch auch dort
gibt es keinen Anlass, mit der Sonne einverstanden zu sein.

Daheim plündern derweil die Vögel ihr bestücktes Haus,
sie picken bereits noch gar nicht abgeblühte Sonnenblumen leer.

Von allen geht nur noch eine Sehnsucht aus - Sehnsucht nach Regen.

Niemand will mehr.

Mir reicht nun ein Ausschnitt des Fensters gar,
der sich heute groß und weit gibt.
Mein Grauer, eine Ewigkeit sichtbar durch dieses Viereck blieb.
Ich pfiff ihn heute nicht an, wollte ihn in seinem Futter-Such-Flug
nicht stören, denn schon hundert Mal geprobt, hätte er mich
in der Zurückkehrschleife ziemlich tief begrüßt.
Er hat mir bisher buchstäblich den Sommer versüßt.

Die gelben Pflaumen fallen, die Leiter, umsonst ragt sie
in das leere Himmelsblau.

Die Gedichte, die ich hier verdichte, treffen nicht nur mich.

Es tippe doch du und auch du auf ein Datum der letzten Zeit,
die Hitze machte und macht sich überall breit...

Freitag, 3. August 2018

Verbrannter Sommer

Wir wussten immer,
aus welcher Richtung der Wind kam.
An bestimmten Geräuschen
machten wir dies fest.
Keine Fähre legt mehr an,
kein Kahn hupt in der Kurve,
keine Kuh muht ihre Zufriedenheit
von saftiger Wiese.

In allem spüren wir die Krise,
spüren die Kälte der Zeit,
die sich uns so ungezähmt heiß aufzwingt.

Die Methoden des Schauspieles der Natur
haben sich verschoben,
sie gerieten gar aus der Bahn
und laufen völlig aus dem Ruder.

Die Vielfalt des Sommers,
die wir stets in den Blick nehmen konnten,
ist verbrannt.

Dürre-Zeit

Schon vormittags sind wir im Sonnenlicht gefangen,
bleiben im Haus und alles geht langsam vonstatten.
Die Atemzüge verkürzen sich.
Mehr lässt die Hitze nicht zu.

Gerade wird jedes Gedicht zur Fortsetzung,
keine Zeile verbirgt diese dürre Zeit.
Ob ich vorn oder ganz hinten zu lesen beginne,
die Augen fangen Gleiches ein.

Die Hitze setzt zu.
Der Körper streikt.

Endlosschleife - Hitze

Endlose lange, heiße Tage und Nächte.
Flora und Fauna regelrecht im Untergang,
zumindest gefühlt am Rand der Vernichtung.
Eine schlimme Dichtung,
aber so schaut es für mich aus.
Hitze-Graus.
Mir ist, als wäre ich zur Herstellung
dieser aufkommenden Leere bestimmt.
Egal wie man es nimmt -
es fordert heraus!

Donnerstag, 2. August 2018

Trockenheit

Ein Traktor zieht die Scheibenegge durch das Feld.
Erde wandert dabei ab zu Hauf.
Schon von Weitem ziehen riesige Staubwolken auf.

Der Bauer, er fühlt sich gerade nicht als Held.
Ihm sind die Bitterkeiten und Sorgen ins Gesicht geschrieben.

Von der erhofften Ernte ist nichts geblieben.

Im Staub flieht selbst die Illusion....

Verschoben

Was könnte, vor dem baldigen Feierabend,
der Tag uns noch schenken?
Zeit für Versäumtes ist jetzt schon zu kurz.
Es wird bleiben, sich verschieben über die Nacht hinaus.

Also folge ich der Ruhe in den Schlaf so tief,
die mich schon zeitig, deutlich rief....