Sonntag, 12. August 2018

Am Vorabend des 13. August

Bin aufgewühlt am Vorabend des 13. August,
habe das Gesicht dieses Tages vor 57 Jahren
vor Augen.
Ich war sechs, begriffen hatte ich
diese Ungeheuerlichkeit dieses Tages nicht wirklich.
Wir hatten abends oft Besuch, es wurde
getuschelt, geflüstert. Es roch nach Angst.

In der Nacht vor dem 13. waren zwei Lehrerinnen
bei uns und meine Eltern holten deren neuen
Kühlschrank. Dann tränenreicher Abschied.
Schweigen war angesagt. Schweigen war Gesetz.
Ich ging zur Schule,  als wäre nichts.
Gefühle bewegten mich.
Dann die Nachricht: Wir waren eingemauert
von einer 3,60 m hohen Mauer!
Getrennt, durchgeschnitten vom anderen Teil Deutschlands.

Hier breche ich ab. Dieses Geschehen mache ich
noch immer mit mir selbst aus.
Ich kann nicht begreifen, was uns da
an Unmenschlichem angetan wurde.
Ungeheuerlich.


2 Kommentare:

Helmut Maier hat gesagt…

Liebe Edith,

ich war am 13. August 1961 in einem Industriepraktikum bei Bosch in Stuttgart-Feuerbach. Irgendwie war anm jenem Tage ein Geraune unter den Kolleginnen und Kollegen - und irgendwann kam die Durchsage, dass e i n e Minute lang alle Maschinen stehen bleiben sollten, weil in Berlin etwas Ungeheuerliches geschehen sei. Ich erinnerte mich sofort an den 17. Juni 1953. Doch dieses Mal war es leider schon am Anfang des Tages schlimm - oder schlimmer als am Ende des Aufstands von 1953.

Liebe Grüße
Helmut

Edith hat gesagt…

Danke, lieber Helmut, für deine Antwort. Ja, es erinnert an diesen Junitag. Größenwahnsinnige Menschen hatten sich da etwas ausgedacht, etwas Ungeheuerliches, etwas, dass mit Denken allein einfach nicht zu fassen ist. Mir geht es jedenfalls so. Es hat sich regelrecht eingebrannt in mir, denn die Folgen daraus waren unüberschaubar geworden, Milliarden Nummern zu groß für solche machtbesessenen Menschen, die damit so sehr viel Leid produzierten, solchen Schmerz, der wie Nägel im Fleisch brannte...

Dir einen feinen Abend noch
herzlichst,Edith