Montag, 28. August 2023

Meine Leidenschaft*

Ich muss zugeben, dass ich eine riesengroße Schwäche (ich nenne es lieber Leidenschaft)  habe - ich kaufe gern in Antiquariaten sehr alte Bücher.
Meine letzte Errungenschaft war das Buch von Rabindranath Tagore: Der Gärtner.
Es ist 1917 im Kurt Wolff Verlag Leipzig erschienen.
Schon der Geruch hatte es in sich. Und dann stand darin noch eine Widmung: Für meine Carolina.
Nun war es meins. Ich konnte gar nicht schnell genug nach Hause kommen, um darin erst einmal
so richtig zu blättern, ein wenig zu lesen.
Am Ende des Buches war eine leichte Verdickung, die man schon am geschlossenen Buch erkennen konnte. Diese fiel mir erst Daheim so richtig auf. Ich öffnete das Buch also von hinten und es lag eine kleine,  getrocknete Rose darin. Man erkennt an ihr schon keine Farbe mehr, sie war schon braun und roch nach altem Buch. 
Auf der Seite war zu lesen: 

85 WER BIST DU, LESER, der meine Gedichte heut über hundert Jahre lesen wird? Ich kann Dir nicht eine einzige Blume schicken von diesem Frühlingsreichtum,  keinen einzigen Streifen Gold aus den Wolken droben.
Öffne Deine Tür und Blick in die Weite.
Aus Deinem blühenden Garten sammle duftendes Gedenken an entschwundene Blumen vor hundert Jahren. 
In der Freude Deines Herzens magst Du die lebendige Freude fühlen, die einen Frühlingsmorgen sang,
ihre frohe Stimme sendend über hundert Jahre.

Dies berührte mich tief, fühlte ich mich doch, genau so wie es gemeint war, angesprochen. Ich konnte darin gleich gar nicht tief eintauchen, das musste ich erst einmal für mich verarbeiten... 

2 Kommentare:

angelface hat gesagt…

welch ein Gechenk liebe EDith, in alten Schriften und Büchern zu lesen
was damals gedacht und gefühlt wurde..der helle Wahnsinn so schön..
ja man kann sich vertiefen - restlos aufgehen in den Gedanken anderer wenn sie
den Leser so ansprechen, mitnehmen in ein anderes Jahrhundert, eine völlig andere Zeit...
oh, - ich verstehe das gut, als ich vor jahren in einem Antiquariat entdeckte was mein irischer Großvater der Sprache zuliebe in einem deutschbuch verfasste und für die Nachwelt hinterliess
sprangen mir die hellen Tränen von der Wange und ich war sehr ergriffen, dankbar und fühlte mich geehrt dass er mir die Gabe mich auszudrücken " vererbt hat und die Leidenschaft zu lesen mit die die Wiege legte...
ich denke noch lange darüber nach
was dieses mitlesen mit dir machte...
liebe GRüße angel

Edith hat gesagt…

Dann weißt du genau, wie es mir erging. Ich danke dir auch, dass du mir deine Begebenheit geschrieben hast. Noch immer bin ich ergriffen davon...
Und dann hoffe ich irgendwie immer, dass auch wir noch nach hundert Jahren vielleicht irgendwo gefunden werden, dass man uns liest... Aber wir wissen nicht, was morgen sein wird, geschweige in hundert Jahren...
Dir eine bücherglückliche Zeit
mit lieben Grüßen, Edith