Sonntag, 9. Februar 2025

Ein Erlebnis von vielen*

Still, leblos fast, erstarrt, wirkt das Leben hinter diesen großen Fenstern. Hier beansprucht das Vergessen den größten Raum.
Dort wird die Ruhe still.
Müde sitzen sie in ihren bequemen Stühlen, teilnahmslos.
Doch ich weiß, gleich werden ihre fahlen Wangen rot, gleich
bekommen ihre Augen Glanz, gleich öffnet sich ihr Mund.
Ich beginne zu lesen. Krächzend erst kommen die ersten Worte, dann deutlich und laut genug. Sie sprechen mit mir den *Erlkönig*, den *Zauberlehrling*. Dann stimme ich *Drei weiße Birken* an und alle singen mit. Alles aus dem Kopf! Kein einziges Wort davon ist vergessen...
Dann lächelt mich ganz weltvergessen die wohl Älteste der Gruppe an und fragt: * Bist du meine Tochter? Kommt heute meine Mutter zu Besuch?*
Ich schlucke schwer und lüge sie freundlich an: *Ja, ich bins, und ihre Mutter kommt nachher*..
Sie ist zufrieden, beugt den Kopf, verstummt und schließt die Augen. Auch alle anderen haben sich längst in die engsten,
dunkelsten Nischen ihres Geistes zurückgezogen...

2 Kommentare:

Quer hat gesagt…

Ich ziehe meinen Hut vor deinem Engagement in dieser leicht bis schwer verwirrten und erkrankten Runde.
Wenn die Freude aufblüht - und sei es auch nur kurz - ist das einfach fein.
Einen lieben Abendgruss zu dir,
Brigitte

Edith hat gesagt…

Danke, liebe Brigitte. Diese Menschen wissen oft gar nicht, dass sie Menschen sind, aber die gelernten Texte können sie auswendig, das ist so faszinierend, da blühen sie quasi auf, da werden die Augen klar - ich bin hinterher richtig geschafft, weil mich das immer wieder neu sehr mitnimmt.
Herzliche NeueWocheGrüße von mir zu dir.